Die Herausforderung einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft umfaßt mehr als den betriebsbezogenen Umweltschutz, der seit Jahren zunehmend erfolgreich praktiziert wird.
Daß die Konsummuster in Deutschland, das zu den Nationen mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an natürlichen Ressourcen zählt, bei weitem noch nicht nachhaltig sind, hat zwei Gründe: 1. Es gibt kaum adäquate Produktlösungen, die massenmarktfähig und ökologisch sind. 2. Die vorhandenen Lösungen fristen häufig ein Nischenmarktdasein, weil sie aus verschiedenen Gründen einfach nicht gekauft werden. Der Politikansatz "Integrierte Produktpolitik" (IPP) soll dieses Dilemma lösen. Mit dieser unglücklichen Bezeichnung hat die Europäische Kommission Anfang 2001 ein Grünbuch überschrieben, das unterschiedliche Strategien für einen europaweiten, stärker produktbezogenen Umweltschutz voranbringen soll. IPP ist in diesem Sinne nicht bloßes lustfeindliches Jutetaschen-Vokabular, sondern sucht adäquate praxisorientierte Antworten auf die immer komplexer werdenden gesellschaftlichen Probleme.
Ziel der IPP ist es, die ökologische Eigenverantwortung von Unternehmen bereits bei der Produktentwicklung zu stärken, und ein lebenszyklusweites Denken zu fördern, das nicht an der jeweiligen Betriebsgrenze endet. So sollen Unternehmen, die mit der Vorstufe der Produktion, der eigentlichen Herstellung, der Verteilung (Handel) oder der Entsorgung von Produkten befaßt sind, möglichst gemeinsam die Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren. Die Herausforderung wird sich aber dem Anbieter (Produzent, Handel) und dem Konsumenten gleichermaßen stellen: Es gilt, massenmarktfähige ökologisch deutlich verbesserte Produkte herzustellen, die weitere qualitativ hochwertige Standards und Nutzereigenschaften zum gleichen Preis aufweisen. Und zugleich haben es die Verbraucher über ihr Konsumverhalten in der Hand, durch die richtige Produktwahl beziehungsweise Kaufentscheidung diesen Prozeß zu beschleunigen. Hier kann vor allem der Handel eine wichtige Scharnierfunktion übernehmen.
Um eine solche Politik einzuführen, werden in Europa verschiedene Instrumente diskutiert, von der harten Steuerpolitik bis hin zu weichen Informationsinstrumenten, die es Konsumenten erleichtern sollen, die richtige Produktwahl zu treffen. Auf betont wirtschafts- und praxisnahe Lösungen zielt das bayerische Umweltministerium, das die bundesweite Vorreiterrolle in der Diskussion um IPP übernommen hat. IPP nimmt im laufenden "Umweltpakt Bayern - Nachhaltiges Wirtschaften im 21. Jahrhundert" einen wichtigen Schwerpunkt ein. Mit sieben IPP-Pilotprojekten in den vergangenen zwei Jahren sollen neue Ansätze konkret und erfahrbar gemacht werden. Erste handfeste Ergebnisse liegen vor.
So konnte am 10. Dezember 2001 Umweltminister Werner Schnappauf auf dem sogenannten IPPsilon-Kongreß in Nürnberg den ersten Staubsauger in den Händen halten, der nach IPP-Kriterien entwickelt wurde. Dieser Staubsauger liegt durch seine umfangreichen technischen Verbesserungen mit seinem IPPsilon-Faktor (sprich: Y-Factor) deutlich vor einem gleichwertigen Referenzstaubsauger. Der IPPsilon-Faktor ist Ausdruck für den erreichten IPP-Fortschritt und steht für den Grad der Verbesserung von Produkten oder Dienstleistungen gegenüber einem entsprechenden Referenzprodukt (siehe hierzu: "Der sanfte Sauger mit IPPsilon-Faktor", Seite 11).
Darüber hinaus haben sich die Bayern auch konzeptionell an die bundesweite Spitze gebracht: Zwei IPP-Leitfäden zeigen auf, wie die Anforderungen auf betrieblicher Ebene umgesetzt werden können. Da bleibt doch nur zu fragen: Und wo bleibt der Rest der Republik?
Frank Ebinger, Bereich Produkte & Stoffströme
Öko-Institut e.V., Freiburg
Copyright: | © Rhombos Verlag | |
Quelle: | 02/2002 - Integrierte Produktpolitik (Juni 2002) | |
Seiten: | 1 | |
Preis inkl. MwSt.: | € 0,00 | |
Autor: | Dr. Frank Ebinger | |
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