VKU zum Koalitionsvertrag
Zum gestern von CDU, CSU und SPD vorgestellten Koalitionsvertrag sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU)
„Vor der Wahl haben wir verlässliche, realistische
und bezahlbare politische Rahmenbedingungen gefordert. Aus Sicht der
kommunalen Unternehmen ist der nun vorliegende Koalitionsvertrag eine
gute Arbeitsgrundlage.
Der Vertrag setzt wichtige Akzente bei
den Themen Energieversorgung, Wasserver- und Abwasserentsorgung,
Abfallentsorgung sowie Digitalisierung. Die neue Bundesregierung muss
jetzt mit Tempo in die Umsetzung kommen. Noch vor der parlamentarischen
Sommerpause brauchen wir Gesetzesentwürfe zu zentralen Investitions- und
Planungsvorhaben.
Für die Unternehmen und die Beschäftigten der
Kommunalwirtschaft ist es ein wichtiges Signal der Wertschätzung, dass
sie als „Rückgrat der öffentlichen Daseinsvorsorge“ von den
Koalitionären benannt werden.
Die Ankündigungen für einen
umfassenden Bürokratieabbau sind sehr zu begrüßen, doch darf es nicht
wieder bei Ankündigungen und kleinen Initiativen bleiben. Beim
Bürokratieabbau muss die Koalition schnell liefern und eine mutige
Umsetzung vorantreiben, die bei den Unternehmen zu echter Entlastung
führt.“
Bewertung aus VKU-Sicht im Überblick: 1. Wichtige Akzente für Planungsbeschleunigung und Finanzierung
Nach
dem Beschluss des Sondervermögens ergänzen die künftigen Koalitionäre
das Investitionspaket um wichtige Maßnahmen zum Bürokratieabbau und zur
Planungsbeschleunigung. Der VKU begrüßt insbesondere das Vorhaben, den
Vorrang öffentlicher Belange – vor allem bei Projekten der
Daseinsvorsorge – im Planungsrecht zu verankern.
Die Koalitionäre adressieren im Vertrag auch relevante Finanzierungsfragen der Daseinsvorsorge.
- Steuerlicher Querverbund:
Die beabsichtigte Verankerung und Weiterentwicklung des steuerlichen
Querverbunds als wesentliche Säule zur Finanzierung der kommunalen
Daseinsvorsorge ist ein wichtiges Signal für die kommunalen Finanzen.
Mithilfe dieser steuerlichen Ergebnisverrechnung werden unter anderem
kommunale Bäder ermöglicht.
- KMU-Definition: Auch die angestrebte Ausweitung der KMU-Definition auf EU-Ebene auf kommunale Unternehmen unterstützt der VKU ausdrücklich.
Neben
der Finanzierung ist die Sicherheit der kritischen Infrastrukturen
zentral. Kommunale Unternehmen brauchen Planungssicherheit für ihre
Investitionen. Es ist richtig, die NIS2-Richtlinie zügig in deutsches
Recht umzusetzen und das Kritis-Dachgesetz auf den Weg zu bringen.
Positiv sind die angestrebte engere Zusammenarbeit von Bund und Ländern
und eine KMU-Förderung bei der Cybersecurity. Die Rechtslage in der
Zivilen Verteidigung wollen die Koalitionäre ändern, um eine
Handlungsfähigkeit bereits vor dem Spannungs- und Verteidigungsfall zu
ermöglichen. Das ist sinnvoll, allerdings müssen die Zuständigkeiten und
Verantwortlichkeiten zwischen Staat und Betreibern klar definiert und
sauber voneinander getrennt werden.
2. Energie: Positive Signale und richtige Akzente für die Energiewende
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Der
Fokus auf Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit ist
wichtig für das Gelingen der Energiewende. Das macht Hoffnung auf einen
neuen Schub für die Energiewende.“
- Entlastung bei den Strompreisen:
Der VKU unterstützt die angestrebte Entlastung bei den Strompreisen
durch eine Entlastung bei Umlagen, Reduzierung der Stromsteuer auf das
europäische Minimum und Mittel aus dem Bundeshauhalt.
- Privates Kapital für Energiewendefonds:
Der im Koalitionsvertrag geplante Energiewendefonds ist das notwendige
Fundament für eine langfristig tragfähige Finanzierung der Energiewende.
Ziel des Fonds ist es, privates Kapital für die Energiewende zu
mobilisieren. Das begrüßen wir.
- Kosteneffizienter Ausbau der Stromnetze: Die
künftige Regierung will beim Ausbau der erneuerbaren Energien stärker
als bisher auf Netzdienlichkeit achten und dabei auch verstärkt den
Ausbau der Verteilnetze berücksichtigen. Das ist ein Schritt in die
richtige Richtung, damit wir den Strom aus den Erneuerbaren integrieren
können.
- KWK-Anlagen und Gaskraftwerke: Wir
benötigen KWK-Anlagen und Gaskraftwerke, die kurzfristig als Absicherung
einspringen können, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht
weht. Deshalb begrüßen wir den Bau von bis zu 20 Gigawatt an
Gaskraftwerksleistung und dass die neuen Gaskraftwerke vorrangig an
bestehenden Kraftwerksstandorten entstehen sollen. Bei den Plänen zum
Kapazitätsmarkt ist eine Bewertung verfrüht. Hier wird es auf die
Detailausgestaltung ankommen.
- Wasserstoff und Gasnetze: Auch
beim Thema Wasserstoff wollen die Koalitionäre richtige Akzente setzen:
Dort, wo es für die Wärmeversorgung notwendig ist, sollen Gasnetze
erhalten bleiben. Es ist gut, dass nicht nur der Ausbau des
Wasserstoffübertragungsnetzes, sondern auch der des untergeordneten
Wasserstoffverteilnetzes Berücksichtigung finden soll. Das ist ein
positives Signal für den Mittelstand.
- Wärmenetze:
Die vorgesehene Aufstockung des Bundesprogramms für effiziente
Wärmenetze (BEW) begrüßen wir. Dies ist ein wichtiger Schritt, der dem
Ausbau der Fernwärme einen kräftigen Schub geben kann. Dazu kann auch
die geplante Überarbeitung der AVB-Fernwärme-Verordnung und der
Wärmelieferverordnung beitragen. Auch hier wird es letztlich auf die
Details ankommen.
- Gebäudeenergiegesetz und Wärmeplanungsgesetz:
Wichtig sind für kommunale Unternehmen verlässliche Rahmenbedingungen.
Die angekündigte Abschaffung des umgangssprachlich als Heizungsgesetz
bekannten Gebäudeenergiegesetz (GEG) bei gleichzeitiger Einführung eines
neuen GEG schafft Verunsicherung und darf keinesfalls zu neuen
Verzögerungen für die Wärmeplanung führen. Bei einer Reform müssen die
Wechselwirkungen mit dem Wärmeplanungsgesetz mitgedacht werden. Denn
beide Regelungen sind eng miteinander verzahnt. Die kommunale
Wärmeplanung muss in größeren Städten bis Mitte 2026 abgeschlossen sein.
Hier braucht es dringend Klarheit!
3. Wasserwirtschaft: Koalitionäre wollen Wasserinfrastruktur stärken
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Der
Koalitionsvertrag setzt wichtige Impulse für die Wasserwirtschaft – von
der Förderung der Infrastruktur bis zur Umsetzung der nationalen
Wasserstrategie. Auch die Klimaanpassung und der bessere Zugang zu
Förderprogrammen sind positiv. Problematisch ist aus unserer Sicht die
Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung (Düngerecht) sowie das
zögerliche Vorgehen bei der Regulierung von PFAS. Hier hätten wir uns
von den Koalitionären mehr Mut erhofft.“
- Infrastruktur im Fokus:
Auch mal unter die Straße schauen. Gut so! Die neue Bundesregierung
erkennt den Investitionsbedarf in die Infrastrukturen der Wasser- und
Abwasserwirtschaft an, will sie fördern und langfristig preisstabil
gestalten. Das greift sehr konkret die Ergebnisse und Forderungen aus
der VKU-Studie zum Investitionsbedarf der Wasserwirtschaft auf.
- Klimaanpassung und Naturschutz:
Die geplante Umsetzung der Klimaanpassungsstrategie sowie die geplante
Einrichtung eines Sonderrahmenplans Naturschutz und Klimaanpassung ist
sehr begrüßenswert. Positiv ist zudem die Beschleunigung von
Hochwasserschutzmaßnahmen, jedoch fehlt der Verweis auf das
Hochwasserschutzgesetz (III).
- Bekenntnis zur Wasserstrategie:
Die nationale Wasserstrategie soll umgesetzt und gemeinsam mit den
Ländern weiterentwickelt werden. Das bewerten wir positiv. Aber Papier
ist geduldig: Der Prozess muss beschleunigt und über konkrete Maßnahmen
zeitnah umgesetzt werden. Wir reden bereits in der dritten
Legislaturperiode über die Strategie.
- Stärkung des Verursacherprinzips:
Die Koalition bekennt sich – unter Berücksichtigung regionaler
Gegebenheiten – zum Verursacherprinzip. Das ist für die nationale
Umsetzung der Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) und die Einführung einer
erweiterten Herstellerverantwortung* ebenso relevant wie für notwendige
Überlegungen, eine erweiterte Herstellerverantwortung auch für den
Trinkwasserbereich zu etablieren. *Hersteller
wasserverunreinigender Produkte (Pharma- und Kosmetikindustrie) müssen
sich künftig finanziell am Ausbau spezieller Reinigungsstufen in
Kläranlagen beteiligen
- Umgang mit PFAS: Der
VKU ist für ein PFAS-Verbot, das die Koalitionäre leider ablehnen.
Angesichts neuer Grenzwerte braucht es klare Vorgaben und immer da einen
schnellen Ausstieg aus PFAS, wo es Alternativen gibt.
- Düngerecht: Die
im Koalitionsvertrag geplante Abschaffung der Stoffstrombilanz sehen
wir kritisch. Die geplante Entlastung einzelner landwirtschaftlicher
Betriebe darf nicht zu Lasten des Gewässerschutzes erfolgen.
4. Abfallwirtschaft: Kreislaufwirtschaft muss gestärkt werden
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Der
Koalitionsvertrag enthält wichtige Maßnahmen zur Förderung der
Kreislaufwirtschaft. Insgesamt bleiben die Koalitionäre jedoch hinter
den Erwartungen der Branche zurück. Im Regierungshandeln wird es nun
darauf ankommen, die Grundlagen des Vertrags ambitioniert umzusetzen,
damit in den kommenden vier Jahren echte Fortschritte erzielt werden.“
- Kreislaufwirtschaftsstrategie ambitioniert fortführen:
Union und SPD planen die pragmatische Umsetzung der Nationalen
Kreislaufwirtschaftsstrategie und die Erarbeitung eines Eckpunktepapiers
mit dringlichen Maßnahmen.
- Erweiterte Herstellerverantwortung für Alttextilien: Die
erweiterte Herstellerverantwortung für Alttextilien wird eingeführt.
Hier müssen kommunal-gemeinnützige Sammelstrukturen gestärkt werden.
- Optimierung der Abfallsammlung bei Batterien und Elektrogeräten: Die
Sammlung von Lithium-Ionen-Akkus und Elektrogeräten wird optimiert. Im
Fokus müssen Brandgefahren in Anlagen und Müllfahrzeugen stehen. Zudem
sollte ein herstellerfinanzierter Reparaturbonus kommen.
- Förderung der Wasserstoff-Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge: Die
Regierungsfraktionen sprechen sich für die Förderung einer
Wasserstoff-Ladeinfrastruktur aus. Das ist wichtig für die Verkehrswende
bei kommunalen Fuhrparks.
5. Digitalisierung mit guten Ansätzen, jedoch Wermutstopfen bei Glasfasernetzen
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Im
Koalitionsvertrag sind gute Ansätze zur Digitalisierung drin – zum
Beispiel Regeln für den Umstieg von Kupfer auf Glasfaser –, jedoch
bleibt ein Wermutstopfen: Der Überbau bei Glasfasernetzen wird nicht
gestoppt.” Digitalministerium:
Der VKU begrüßt, dass ein Ministerium für Digitalisierung und
Staatsmodernisierung geschaffen wird – das hoffentlich mit echter
Kompetenz ausgestattet wird und nicht nur eine koordinierende Funktion
übernimmt.
- Datenpolitik: Positiv ist auch, dass die Koalitionspartner Datennutzung und -teilen forcieren.
- Highspeed-Internet:
Beim Ausbau der Glasfasernetze setzen die Koalitionäre gute Impulse,
zum Beispiel Regeln für den Umstieg von Kupfer auf Glasfaserkabel sowie
auskömmliche Mittel für eine zielgerichtete Gigabitförderung. Zudem
begrüßen wir die angestrebte Beschleunigung des Glasfaserausbaus.
Allerdings bleibt ein dicker Wermutstropfen: Der volkswirtschaftlich
schädliche Überbau wird nicht gestoppt, sondern lediglich das Monitoring
fortgesetzt.
Copyright: | © Verband Kommunaler Unternhemen e.V. (VKU) (10.04.2025) |
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