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Hochrangige Gruppe beurteilt neue Studien über die Folgen von REACH
Brüssel. Unter dem gemeinsamen Vorsitz von EU-Industriekommissar und Vizepräsident Günter Verheugen sowie EU-Kommissar Stavros Dimas trat am 27. April 2005 die Hochrangige Gruppe zur weiteren Folgenabschätzung von REACH“ zusammen, um die Ergebnisse von aktuellen Studien zu erörtern. Diesen Studien zufolge gibt es nur begrenzte Hinweise darauf, dass Stoffe, die in größeren Mengen hergestellt werden, aufgrund der REACH-Registrierungsanforderungen vom Markt genommen werden müssen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Herstellung von Stoffen, die in geringeren Mengen (unter 100 Tonnen) produziert werden, auf Grund der REACH-Anforderungen weniger rentabel oder unrentabel wird. Weiter gibt es begrenzte Hinweise darauf, dass einige nachgeschaltete Anwender damit rechnen müssen, Stoffe vom Markt zu nehmen, die von größter technischer Bedeutung für sie sind. Deutlich wird auch, dass Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) von REACH besonders betroffen sind, da sie über geringere Finanzmittel verfügen und höhere Kosten weniger leicht an ihre Kunden weitergeben können. Allerdings setzt sich bei den Unternehmen auch die Erkenntnis durch, dass REACH ihnen wirtschaftliche Vorteile bringen kann. Verheugen zufolge setzt sich die EU-Kommission dafür ein, dass die Erkenntnisse aus diesen Studien im Mitentscheidungsverfahren berücksichtigt werden. Die Kommission sei bereit, in dieser Angelegenheit eng mit dem Europäischen Parlament und dem Rat zusammenzuarbeiten.
Die Studien waren auf der Grundlage von Vereinbarungen mit der EU-Kommission im Auftrag der Industrie erstellt worden. In den Studien werden die Auswirkungen auf die Lieferkette untersucht, und zwar anhand von Daten, die von Firmen der Sektoren Chemikalien, Kraftfahrzeuge, flexible Verpackungen, anorganische Stoffe (unter anderem Metalle, Zement, Papier und Zellstoff) und Elektronik zur Verfügung gestellt wurden. Die Studie über den Elektroniksektor wird demnächst vorliegen. Die Hochrangige Gruppe“ nahm auch Kenntnis von einem Bericht über die allgemeine Situation in den neuen Mitgliedstaaten, der später durch Fallstudien einzelner Unternehmen in Polen, Tschechien und Estland ergänzt werden soll.
Wie im Einzelnen aus den Studien hervorgeht, können die einmalig anfallenden Kosten der Registrierung einen erheblichen Teil des Cash-flow beanspruchen, der dem Hersteller zur Verfügung steht. Das gilt demnach vor allem für Kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Ein Hersteller könnte sich deshalb veranlasst sehen, ein Erzeugnis nicht registrieren zu lassen, wenn die Kosten für seine Registrierung einen zu großen Teil des mit ihm jährlich erzielten Gewinns ausmachen. Dazu käme es hauptsächlich bei Stoffen, die Chemikalienlieferanten als für ihre Kunden technisch nicht bedeutsam ansehen. Es könnten allerdings Neuformulierungen bei den Formulierern oder den nachgeschalteten Anwendern erforderlich werden, auch könnte die Auswahl an Stoffen eingeschränkt werden, die den Formulierern für Innovationen zur Verfügung stehen.
Den Studien zufolge werden Chemikalienlieferanten und Formulierer eher solche Stoffe registrieren lassen, die von nachgeschalteten Anwendern benötigt werden. Hierdurch könnten sie ihr Produktangebot aufrecht erhalten und die potenziell hohen Kosten einer sonst eventuell notwendigen Neuformulierung/Neukonzeption vermeiden. Das gilt auch für die wenigen unter den in der Studie betrachteten Stoffen, deren Herstellung durch REACH unrentabel zu werden droht. Wo es innerhalb der Lieferkette wenig Kommunikation gibt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige Stoffe nach Inkrafttreten von REACH vom Markt genommen werden, so die Studien.
KMU verfügen allgemein über weniger Ressourcen zur Umsetzung neuer Rechtsvorschriften. Den Studien zufolge könnte REACH manche mittelständischen Chemikalienlieferanten in finanzielle Schwierigkeiten bringen, vor allem, wenn sie eine große Zahl von Stoffen gleichzeitig registrieren lassen müssten. Stoffe, die von KMU in kleinen Mengen hergestellt werden, laufen eher Gefahr weniger rentabel oder unrentabel zu werden. KMU haben überdies größere Schwierigkeiten, die Prüfkosten an nachgeschaltete Anwender weiterzugeben.
In der Studie wird festgestellt, dass REACH in den untersuchten Lieferketten auch wirtschaftliche Vorteile bringen kann, insbesondere für Formulierer und nachgeschaltete Anwender. Einige Unternahmen nannten als Vorteile unter anderem bessere Information über Stoffeigenschaften und gefährliche Bestandteile von Zubereitungen, einfacheres Risikomanagement und Rationalisierung des Angebots.
Die vollständigen Schlussfolgerungen der Kommission und weitere Informationen zu REACH finden sich im Internet unter:
http://europa.eu.int/comm/enterprise/reach/index.htm
http://europa.eu.int/comm/environment/chemicals/reach.htm
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