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Viele Versorger stellen ihre Stromlieferung sauberer dar, als sie ist. Die Anbieter behaupten in ihrer Öffentlichkeitsarbeit, der von ihnen gelieferte Strom enthalte einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien als der bundesweite Durchschnitt. Das ist jedoch nicht der Fall. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die ein Bündnis aus Deutscher Umwelthilfe, Robin Wood, Greenpeace Energy, EWS Schönau, NATURSTROM und LichtBlick vorgelegt hat.
Wie das Handelsblatt in seiner heutigen Ausgabe berichtet, haben
Verbraucherschützer bereits Energieversorger wegen "Irreführung der
Kunden" abgemahnt.
"Verbraucher werden getäuscht, um das angeblich grüne Image der
Versorger aufzupolieren“, sagt Gero Lücking, Geschäftsführer
Energiewirtschaft von LichtBlick. Für den „Faktencheck Strommix“ wurden
40 von 1.100 Anbietern in Deutschland unter die Lupe genommen. Jeder
vierte untersuchte Versorger erweckt den Eindruck, er beschaffe mehr
Grünstrom für seine Kunden, als er es tatsächlich tut. „Wir sehen hier
nur die Spitze des Eisberges“, so Lücking.
So schreiben zum Beispiel die Stadtwerke Kiel auf ihrer Website zu ihrem
Strommix 2015: „Über 47 Prozent unseres Stromes stammte aus
regenerativen Quellen“. Zudem „nutzten“ die Stadtwerke angeblich mehr
Ökostrom als der Bundesdurchschnitt, der bei 32 Prozent liegt.
Tatsächlich kaufen die Kieler nach den Berechnungen in der Untersuchung
jedoch nur etwa sechs Prozent grünen Strom für Ihre Kunden ein.
Auch die Stadtwerke Schweinfurt behaupten in einer Pressemitteilung, sie
lägen „in Bezug auf den Grünstrom über dem bundesweiten Durchschnitt“.
Tatsächlich kauften die Stadtwerke jedoch weniger als 5 Prozent
erneuerbare Energie ein. Vergleichbare Darstellungen fanden sich zum
Zeitpunkt der Untersuchung auch bei den Stadtwerken Bochum, Düsseldorf,
Leipzig, Unna, Dortmund (DEW 21), Fulda (Rhön Energie) und Frankfurt
(Mainova) sowie beim Anbieter Energiegut.
Hintergrund ist die gesetzliche Stromkennzeichnung. Sie verpflichtet
Versorger dazu, in ihrem Strommix einen Pflichtanteil von bis zu 46
Prozent EEG-Strom auszuweisen. Das Problem: Dieser EEG-Strom wird nicht
von den Versorgern eingekauft. Der Strommix der Versorger erscheint also
umweltfreundlicher, als er ist. Im Gegenzug wird der Anteil von Kohle-
und Atomstrom in den Stromtarifen künstlich kleingerechnet.
„Der Gesetzgeber nimmt bewusst in Kauf, dass die Kennzeichnung von
Stromtarifen nicht die Strom-Einkaufspolitik der Anbieter abbildet. Sie
können sich auf diese Weise umweltfreundlicher darstellen, als sie sind.
Das ist unseriös“, erläutert Dr. Peter Ahmels, Bereichsleiter Energie
und Klimaschutz der Deutschen Umwelthilfe.
Um dem Missbrauch einen Riegel vorzuschieben, fordert das Bündnis eine
Reform der Stromkennzeichnung. Sie müsse künftig wieder zu 100 Prozent
den Stromeinkauf der Versorger abbilden. „Auch für Strom muss gelten: Es
darf nur das draufstehen, was drin ist“, so Marcel Keiffenheim, Leiter
Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy. Zusätzlich sollen
Stromkunden künftig genauer darüber informiert werden, wie sie
unabhängig von der Stromlieferung ihres Versorgers durch die Zahlung der
EEG-Umlage den Ausbau der erneuerbaren Energie fördern.
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