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Recyclingwirtschaft fordert Nachbesserungen beim Gesetzentwurf zur Strompreisbremse
Die unterzeichnenden Verbände der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft (BDE, BDSV, bvse, VDM) sehen in dem komplexen Gesetzentwurf zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen einen erheblichen Widerspruch zu den von der Bundesregierung angekündigten und für die mittelständisch geprägte Recyclingwirtschaft dringend erforderlichen schnellen Krisenhilfen.
I. Zu hohe bürokratische Hürden
Die
geplanten, völlig neuen Prüfverfahren mit absoluten und relativen
(Preis)Deckeln, kurzen Antragsfristen, Mitteilungspflichten, der
Einführung neuer Begrifflichkeiten und anderer komplexen Regelungen sind
vor allem neue bürokratische Hindernisse und gerade daher keine
kurzfristige Hilfe für die betroffenen Unternehmen. Außerdem wird die
Entlastung in vielen Gruppen von einer vorherigen behördlichen
Genehmigung abhängig gemacht und die Liquidität dieser Unternehmen so
erheblich belastet. Viele Unternehmen werden den bürokratischen Aufwand
nur mit Unterstützung externer Berater meistern können. Insbesondere für
mittelständische Unternehmen, und damit auch für die überwiegend
mittelständisch geprägte Entsorgungswirtschaft, wird es deshalb formell
und materiell deutlich erschwert, in den Genuss der Entlastungen zu
kommen. Es ist daher unbedingt erforderlich, die Nachweispflichten und
den Antragsprozess so einfach wie möglich zu gestalten.
Die Recyclingwirtschaft fordert, die Nachweispflichten auf ein absolut
notwendiges Minimum zu reduzieren, genau wie das förmliche
Antragsverfahren. Zur Nachweisführung sollten einfache Meldungen an die
Energieversorger ausreichen. Nur so kann es zur benötigten schnellen
Hilfe kommen.
II. Gefahr einer Rückforderung
Die
Gefahr einer Rückforderung der Beihilfen nach § 4 (3) StromPBG sorgen
für fehlende Rechts- und Planungssicherheit. Der Vorbehalt der
Rückforderung bis zur Wertstellung des Ausgleichs der
Jahresendabrechnung des Kalenderjahrs 2023 zwingt die Unternehmen zu
Rückstellungen, womit die beabsichtigten Entlastungen konterkariert
werden. Der Rückforderungsvorbehalt muss deshalb deutlich einfacher
geregelt werden und ist auf die mögliche Überschreitung der Höchstgrenze
zu begrenzen.
Die geplante Definition zur Energieintensität nach § 11 (2) 2. a)
StromPBG, die sich auf das Jahr 2021 und das erste Halbjahr 2022
bezieht, wird vielen Unternehmen nicht helfen, da die stärksten
Kostensteigerungen erst danach, im Jahr 2023, noch anstehen.
III. Wettbewerbsverzerrung durch ungleiche Behandlung
Der
Gesetzesentwurf sieht vor, dass die einzelnen Standorte verbundener
Unternehmen, die autark Energie beziehen und den Letztverbraucher
darstellen, anders zu behandeln sind als nicht verbundene Unternehmen.
Dies führt zu grob unbilligen Ergebnissen und stellt eine
Wettbewerbsverzerrung zu Lasten mittelständischer Unternehmen dar. So
würde z. B. ein verbundenes Unternehmen mit zehn Standorten bei einem
maximalen Gesamtentlastungsbetrag von 2 bis 4 Mio. Euro eine Entlastung
von 200.000 bis 400.000 Euro pro Standort erhalten, ein nicht
verbundenes maximal 2 Mio. bis 4 Mio. Euro für einen Standort.
Entscheidend sollte hier nicht die Art der Gesellschaft, sondern
vielmehr die Frage sein, ob das Unternehmen Letztverbraucher ist oder
nicht.
Derzeit haben viele Unternehmen, deren bestehende Versorgungsverträge
zum Ende des Jahres 2022 auslaufen, Schwierigkeiten einen
Anschlussvertrag für 2023 zu bekommen. Energieversorger drohen bei
fehlendem Versorgungsvertrag bereits mit einer Trennung der
Versorgungsanschlüsse ab 1. Januar 2023. Dies ist für den
Industriestandort Deutschland untragbar und schreckt insbesondere
zukünftige Investoren erheblich ab. Wir fordern dringend eine
Gewährleistung der Versorgung mit Energie, nicht nur für Endverbraucher,
sondern auch für letztverbrauchende Unternehmen.
IV. Fehlende Berücksichtigung des NACE/WZ Code 3832 „Rückgewinnung sortierter Werkstoffe“ ist inakzeptabel
Besonders
kritisch sehen die Verbände der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft
die Anlage 2 zu § 9 StromPBG,die Liste der Sektoren und Teilsektoren,
die nach dem befristeten Krisenrahmen der Europäischen Kommission
besonders von hohen Energiepreisen betroffen sind, übernimmt und hierbei
den NACE Code/WZ „Rückgewinnung sortierter Wertstoffe“ erneut
ausschließt.
Durch die seitens der EU geschaffenen zusätzlichen, kriegsbedingten
Förderprogramme (z.°B. Temporary Crisis Framework) besteht die
Möglichkeit, auch Wirtschaftszweige zu fördern, die nicht in den
Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen
2022 (KUEBLL) enthalten sind. Dennoch wird auch in dem jetzigen
Gesetzentwurf der NACE-Code 3832 („Rückgewinnung sortierter Wertstoffe“)
nicht berücksichtigt. Bereits die Nichtberücksichtigung des NACE/WZ
Code 3832 in KUEBLL und bei anderen Energiebeihilfeprogrammen (z. B. des
Energiekostendämpfungsprogramms) war und ist vor dem Hintergrund der
stetig wachsenden Bedeutung der Kreislaufwirtschaft nicht
nachvollziehbar und ein politisch unverständliches Signal für die
Recyclingwirtschaft als entscheidende Säule einer funktionierenden
Kreislaufwirtschaft. Es sind die Unternehmen der Entsorgungs- und
Recyclingbranche, die durch Sammlung, Sortierung und Aufbereitung dafür
Sorge tragen, dass der verarbeitenden Industrie genügend
energieschonende Recyclingrohstoffe zur Verfügung stehen. Diese
Rohstoffe werden im Wesentlichen nicht händisch sortiert und
aufbereitet, sondern bedürfen zum Teil energieintensiver Anlagen, wie
Granulatoren, Scheren, Schredder, Compounder, usw. Hier stehen die
Unternehmen der Recyclingwirtschaft den Produktionsbetrieben in der
Betroffenheit durch die Energiekrise gleich.
Dass die Herstellung
spezieller Produkte volkswirtschaftlich als förderungswürdiger
angesehen wird als die Träger einer funktionierenden
Kreislaufwirtschaft, hinterfragt den Sinn und Zweck sowie die
Zielsetzung des europäischen Green Deals.
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Copyright: | © BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. (14.12.2022) | |