Humus in den Fokus rĂŒcken

Wertvoll, klimarelevant und komplex: Humus ist ein wichtiger und vielerorts unterschÀtzter Produktionsfaktor im Land- und Gartenbau. Und er ist mehr als das. Zu diesem Schluss kamen die Referenten der 15. Fachtagung des Verbandes der Humusund Erdenwirtschaft Region Nord.

Die WertschĂ€tzung fĂŒr Humus mĂŒsse innerhalb und außerhalb der Landwirtschaft wieder steigen, postulierte Prof. Dr. Bernhard Göbel von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf auf der diesjĂ€hrigen Fachtagung des VHE-Nord, die am 11. Juni in Hannover stattfand. Prof. Dr. Georg Guggenberger, Leiter des Instituts fĂŒr Bodenkunde an der Leibniz UniversitĂ€t Hannover, betonte neben dem landbaulichen Wert der organischen Bodensubstanz besonders die Relevanz von Humus im Zusammenhang mit dem Klimaschutz. Weltweit ist im Bodenhumus mehr als vier Mal so viel Kohlenstoff gespeichert, wie in der terrestrischen Biomasse und in der AtmosphĂ€re. Bereits geringe VerĂ€nderungen der Bewirtschaftung von Böden können einen erheblichen Einfluss auf die bodenbĂŒrtigen Klimagasemissionen haben. Guggenberger  wies vor allem auf die Bedeutung der Permafrostböden  hin, in denen rund die HĂ€lfte der globalen organischen Bodensubstanz gespeichert  ist. Wenn diese bei steigenden Durchschnittstemperaturen teilweise oder ganz auftauen, entweichen große Mengen an Methan und Kohlendioxid. "Dies habe eklatante Folgen fĂŒr das globale Klima",  so der Bodenexperte. Vielerorts sind die gegenwĂ€rtigen,  intensiven Anbaumethoden so, dass die Humusbilanz am Ende negativ ausfĂ€llt. Prof. Dr. Göbel wies in diesem Zusammenhang exemplarisch auf den "sanften RĂŒckgang" der Humusgehalte auf bayerischen Ackerböden hin. Verantwortlich dafĂŒr seien eine ganze Reihe von Faktoren, darunter auch die IntensitĂ€t der Bodenbearbeitung. Göbel konstatierte, dass bereits eine reduzierte Bodenbearbeitung den bewirtschaftungsbedingten Abbau von Humus reduzieren kann.

Dr. Michaela Bach vom ThĂŒnen-Institut fĂŒr Agrarklimaschutz in Braunschweig zeigte, dass auch die örtlichen NiederschlĂ€ge einen Einfluss auf die Humusgehalte des Bodens haben. Zusammen mit Kollegen des Braunschweiger Instituts hat Dr. Bach auf Basis von Daten aus  Dauerfeldversuchen an mehreren Standorten Deutschlands Modellrechnungen zur ÜberprĂŒfung des Zusammenhanges von NiederschlĂ€gen und den Gehalten an organischem Kohlenstoff des Bodens durchgefĂŒhrt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Betrachtung des Einflusses klimatischer Faktoren von anderen  EinflussgrĂ¶ĂŸen kaum zu isolieren ist und insbesondere bei landwirtschaftlich genutzten Böden durch Maßnahmen der Fruchtfolge und der Bewirtschaftung ĂŒberlagert wird.  Theodor Remmersmann von der Landwirtschaftskammer Nordrhein- Westfalen thematisierte die Frage der Humusbilanz  von Ener g ie - Fruchtfolgen mit hohem Anteil an Silomais. Zum Erstaunen der meisten Zuhörer sagte er, dass sich der Humusgehalt in den Silomaisgebieten auf einem hohen Niveau befindet. "Ein Humusabbau ist nicht festzustellen", so Remmersmann. Seine Aussage stĂŒtzt sich auf von ihm zitierte Forschungsergebnisse, nach denen die derzeit fĂŒr GĂ€rrĂŒckstĂ€nde verwendeten Humus- Reproduktionsfaktoren zu niedrig angesetzt seien. Die bisher berechneten negativen Bilanzsalden im Silomais-GĂ€rrestkreislauf gĂ€ben ein unrealistisches  Bild. In diesem Zusammenhang ĂŒbte Remmersmann auch Kritik an der Forderung einer Bund- LĂ€nder-Arbeitsgruppe, nach der die in der DĂŒngeverordnung fĂŒr WirtschaftsdĂŒnger tierischen Ursprungs  geltende 170 kg-N-Grenze bei der anstehenden Novelle der Verordnung auf alle organischen DĂŒnger erweitert werden soll. Alternative Substratausgangsstoffe Andre Daum vom Industrieverband Garten e. V. (IGV) und Gerald Schmilewski von der  Klasmann- Deilmann GmbH thematisierten Alternativen zum Einsatz von Torf bei der Herstelllung von Substraten wie Blumenerden. Schmilewski widersprach der oft pauschalen Kritik am Einsatz von Torf und verwies darauf, dass nicht nur Torf, sondern auch alternative Ausgangsstoffe einen ‚Umwelt- Fußabdruck‘ hinterlassen, der mit dem von Torf verglichen werden mĂŒsse. Ebenfalls sei festzuhalten sei, dass die positiven physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften von Torf in der Substratwirtschaft durch andere Stoffe zwar teilweise, aber nicht vollstĂ€ndig ersetzt werden könnten. IGV-Umweltreferent Daum benannte das jĂ€hrliche Produktionsvolumen von Blumenerden und Kultursubstraten in Deutschland auf 9,5 Millionen Kubikmeter. FĂŒr diese Menge werden rund acht bis neun Millionen Kubikmeter Torf eingesetzt. Daum betonte, dass die Torfgewinnung unter strengen gesetzlichen Auflagen betrieben werde. Der Anteil der Torfgewinnung an den gesamten Klimagasemissionen betrage 0,18 %. Ein zunehmendes Problem sei allerdings die abnehmendeVerfĂŒgbarkeit holziger und  faseriger Biomasse, weil z.B. aus GrĂŒnabfĂ€llen diese Anteile abgetrennt und einer thermischen Nutzung zugefĂŒhrt wĂŒrden. Damit seien sie als Torfersatz fĂŒr die Erdenwirtschaft verloren. Neben Rindenhumus, Kokos und Holzfaser kommen jĂ€hrlich auch 250.000 bis 500.000 Kubikmeter Kompost zum Einsatz.

"Viel zu wenig", bedauert der Vorsitzende des VHE Nord, Herbert Probst. Der Anteil an Komposten in Erden und Substraten könnte nach seiner EinschĂ€tzung auf 25 % ansteigen. "Theoretisch könnten damit 2,25 Millionen Kubikmeter Kompost in dieser Sparte vermarktet werden", sagte Probst. Allerdings stehen derzeit bundesweit nur maximal 500.000 Kubikmeter zur VerfĂŒgung. Ein Grund sei die nach wie vor verbreitete Aufbringung von GrĂŒnguthĂ€cksel auf landwirtschaftlichen FlĂ€chen (diese Mengen gelangen erst gar nicht zur Kompostierung) sowie die Abtrennung von holzigen Bestandteilen als Brennstoff mit der Folge, dass sich aus dem verbleibenden GrĂŒngut hergestellte Komposte als Torfersatz weniger eignen. Ulrike Wegener von der GĂŒtegemeinschaft Substrate
fĂŒr Pflanzen (GGS) gab einen Einblick in die Arbeit der GĂŒtegemeinschaft.  Wegener listete physikalische und chemische Parameter auf, nach  denen Kultursubstrate, Blumenerden und Ausgangsstoffe wie Hochmoortorf, Rindenhumus, Holzfasern und Kokosprodukte  getestet und zertifiziert werden. Inzwischen nehmen knapp 60 Produzenten die Dienste der GGS in Anspruch und unterliegen der stĂ€ndigen Kontrolle der RAL-GĂŒtesicherung. "Mit dem vergebenen GĂŒtezeichen gehen Anwender und Verbraucher auf Nummer sicher, dass die QualitĂ€tsstandards stimmen", wirbt Wegener fĂŒr mehr Transparenz im Substratmarkt. (DJ)



Copyright: © BundesgĂŒtegemeinschaft Kompost e.V. (01.07.2013)
 
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