Der ökonomische Nutzen von Meeresschutzmaßnahmen – Erfassung und Bewertung im Rahmen der MSRL

Deutsche Entscheidungsträger sind bei der Umsetzung der EU Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) mit ökonomischen Anforderungen konfrontiert. Vor dem Hintergrund des momentanen Wissensstandes ist deren Umsetzung in vollständig quantifizierter und monetarisierter Form nahezu unmöglich. Ein zumindest teilweise qualitativer Ansatz muss genutzt werden, für den eine entsprechende Handlungsanleitung vorgestellt wird. Der Forschungs- und Handlungsbedarf wird beschrieben.

Die europäischen Meeresgewässer, inklusive der deutschen Nord- und Ostsee, gehören zu den am intensivsten genutzten Meeresgebieten der Erde. Ebenso wie bei den meisten Binnengewässern überlagern sich in ihnen verschiedene Nutzungsinteressen und Schutzzielsetzungen.

Ziel der im Jahr 2008 in Kraft getretenen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (2008/56/EG; MSRL) ist ein wirksamer europaweiter Schutz der Meeresumwelt. Bis zum Jahr 2020 wird der Erhalt oder die Wiederherstellung eines „guten Umweltzustands“ (GUZ) der europäischen Meere angestrebt. So sollen die natürlichen Ressourcen und Dienstleistungen der Meeresökosysteme geschützt werden, letztlich auch um die Grundlage für viele Bereiche der maritimen Wirtschaft und der Gesellschaft als Ganzes zu erhalten. Mit der MSRL wird erstmals ein einheitlicher Ordnungsrahmen für den Umweltzustand der Meeresgewässer der Mitgliedstaaten (MS) der EU vorgegeben und die EU-Gewässerpolitik − ausgehend von der Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG; WRRL) − auf alle europäischen Gewässer ausgedehnt.

Innerhalb von einzurichtenden Meeresregionen sollen die jeweiligen Staaten in enger Abstimmung untereinander nationale Meeresstrategien erarbeiten. Darin muss der aktuelle sowie der angestrebte Meeresumweltzustand beschrieben und Instrumente und Maßnahmen zur Erreichung des angestrebten Zustands aufgeführt sein. Die MSRL verpflichtet MS außerdem zur Erstellung eines mit der Meeresstrategie kohärenten Aktionsplanes zur Erreichung des GUZ bis 2020 (Art. 5.1). Meeresstrategien und Aktionspläne sollen auf dem Ökosystem-Ansatz beruhen und eine nachhaltige Nutzung der marinen Güter und
Ökosystemdienstleistungen (ÖSD) − wie z. B. die Versorgung mit Fisch und anderen Nahrungsmitteln, natürlicher Küstenschutz oder Laichgründe für Fischbestände − für heutige und zukünftige Generationen garantieren (Art. 1.3) [1]. Die Erstellung solcher Aktionspläne erfordert nicht nur eine umfassende Kenntnis der marinen Ökosysteme und deren Belastungen, sondern auch der (wirtschaftlichen) Nutzung der marinen Gewässer und deren Verbindung zur landseitigen Infrastruktur/Nutzung sowie der Wirksamkeit unterschiedlicher Maßnahmen. Der wesentliche Arbeitsschwerpunkt bei der Maßnahmenplanung besteht in der Zusammenführung der nationalen und internationalen Informationen und der Abstimmung des Maßnahmenumfanges. Dabei sind − noch expliziter verlangt als bei der WRRL − Kosten-Nutzen-Analysen (KNA) durchzuführen und potenzielle Unverhältnismäßigkeiten der Kosten darzustellen. Deshalb werden Verfahren und Methoden gesucht, die neben den Kosten der Maßnahmen auch deren Nutzen darstellen und quantifizieren können.

Dieser Artikel beschreibt Möglichkeiten und Einschränkungen, die mit der Anwendung von KNA in deutschen (und europäischen) Meeresgewässern einhergehen. Außerdem wird eine Handlungsanleitung zur Ermittlung der Nutzen von Meeresschutzmaßnahmen vorgestellt. Die folgenden Ausführungen basieren im Wesentlichen auf den Ergebnissen eines vom Umweltbundesamt (UBA) geförderten Forschungsprojektes, die in ausführlicher Form in [2] dargestellt werden.


[1] Bertram, C./Rehdanz, K. (2013). On the Environmental Effectiveness of the EU Marine Strategy Framework Directive. Marine Policy 2013; 38: 25-40.
[2] Bertram, C./Dworak, T./Görlitz, S./Interwies, E./Rehdanz, K. (2014). Cost-benefit analysis in the context of the EU Marine Strategy Framework Directive: The case of Germany. Marine Policy 43 (2014) 307–312.

 
 
Autoren:
Eduard Interwies
Stefan Görlitz
Christine Bertram
Prof. Dr. Katrin Rehdanz



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasser und Abfall 07-08/2014 (September 2014)
Seiten: 6
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: Christine Bertram
Prof. Dr. Katrin Rehdanz

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