Ermittlung der Fischdurchgängigkeit von Wasserförderschnecken, Pumpen und Spiralturbinen

Die neue niederländische Norm NEN 8775 liefert Angaben zur standardisierten Vorgehensweise bei Untersuchungen der Fischdurchgängigkeit verschiedener Anlagentypen und eine Berechnungsmethode zur Ermittlung der Überlebensrate. In Deutschland ist die Norm besonders hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf Untersuchungen von Schöpfwerken von Interesse.

An der deutschen und niederländischen Nordseeküste, wie auchentlang zahlreicher weiterer Meeresküsten sind heute Schöpfwerkezur Sicherstellung des Abflusses der Oberflächengewässer aus denbinnendeichs liegenden Marschengebieten nicht mehr wegzudenken. Allein in Niedersachsen befinden sich in den Haupt- undSchutzdeichen entlang der Nordseeküste und der Ästuare mehr als 150 Hauptschöpfwerke. Nach überschlägigen Schätzungen gibt es in diesem Bundesland einschließlich der (oft kleinen) Unterschöpfwerkeetwa 400 Schöpfwerke. Insgesamt dürften sich in denMarschengebietenentlang der Wattenmeerküste der Nordseeca. 1.000 Schöpfwerke bzw. mit Sielen kombinierte Schöpfwerkebefinden. Darüber hinaus gibt es einzelne Schöpfwerke mit speziellen Aufgaben auch in anderen Bundesländern und weit im Binnenland (z. B. Schöpfwerke an Hochwasserpoldern der Flüsse und Ströme).

Aufgrund der in der Regel zentralen Lage von Schöpfwerken imGewässersystem der Marschen haben sie eine herausragende ökologische Bedeutung [1]. Aus fischökologischer Sicht sind die Pumpen der Schöpfwerke und ihre ergänzenden technischen Einrichtungen(z. B. Rückschlagklappen) problematisch, da sie nicht nur stromaufwärts- und -abwärts gerichtete Fischwanderungenunterbinden oder erheblich beeinträchtigen können, sondern weilsie auch zu teilweise sehr umfangreichen Fischverletzungen und Fischverlusten führen können. Zukünftig ist sogar eine Verstärkung dieses Problems zu erwarten, da in den nächsten Jahrzehnten aufgrund des erwarteten Anstiegs des Meeresspiegels undgleichzeitig starker Landsenkungen binnendeichs der Schöpfwerksbetriebzunehmen und der aus fischökologischer Sichtweniger problematische Sielbetrieb (Freiflut) abnehmen wird. Damit steigen nicht nur die Kosten für die Entwässerung (Stromverbrauch, Instandhaltung), sondern die durch die Freiflut zumindestwährend der Sielzeiten ungehinderte Fischabwanderung wirdzunehmend behindert werden.

Aus Deutschland liegen bisher so gut wie keine Grundlagenerhebungenzur primären Schädigung von Fischen an Schöpfwerkenoder zu Sekundäreffekten (Verzögerungen der Wanderungen, verringerte Fitness, erhöhte Prädation usw.) vor. Allerdings weisendie Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen aus den Niederlandenauf erhebliche Schädigungs- und Mortalitätsraten bei Fischen hin,die Pumpen bzw. Schöpfwerke passieren. Das Spektrum der Schädigungenumfasst z. B. beschädigte Augen, Kiemendeckel oderFlossen, Quetschungen, Scherungen, Schuppenverluste, aber auchunmittelbar tödliche Verletzungen wie Totalabtrennungen vonKörperteilen und kann in vergleichbarer Größenordnung liegen wiebei Wasserkraftanlagen [2], [3], [4]. Allerdings gibt es auch „herkömmliche“ Schöpfwerke, an denen aufgrund ihrer Bau- und Betriebsweise nachweislich fast keine Fischschädigungen auftreten. Dies wurde z. B. bei Schöpfwerken mit großen, langsam drehenden Pumpen mit nur wenigen Propellerblättern beobachtet.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasser und Abfall 07 (Juli 2021)
Seiten: 6
Preis inkl. MwSt.: € 10,90
Autor: Dr. Oliver-David Finch
Jeske Bleeker
Jeroen Huisman
Dipl.­Biol. Christine Lecour
Peter Paul Schollema

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