Das Stilllegungsverbot für Kraftwerke nach § 13a EnWG

Der Ausstieg aus der Kernenergie bis zum Jahre 2022, die Einstellung des deutschen Steinkohlenbergbaus bis zum Jahr 2018 und die weitreichende Förderung regenerativer Energien gefährden die Sicherheit der deutschen Elektrizitätsversorgung. Seit Jahren arbeiten deutsche Übertragungsnetze an der Auslastungsgrenze. Ein umfangreicher Netzausbau ist deshalb erforderlich. Nach Auffassung der Bundesnetzagentur (BNetzA) muss eine Stilllegung von Kraftwerken in Süddeutschland aus Gründen der Versorgungssicherheit bis zum erfolgreichen Ausbau der Übertragungsnetze verhindert werden.

Nach einer Gefährdung der Stromversorgung in den Wintermonaten 2011/2012 wurden mit dem Dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften und mit der Reservekraftwerkverordnung vom 27.6.20135 gesetzliche Regelungen eingeführt, die sicherstellen sollen, dass Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) und BNetzA frühzeitig über geplante Stilllegungen von Kraftwerken informiert werden, um mithilfe eines Stilllegungsverbots eine endgültige Stilllegung systemrelevanter Kraftwerke verhindern und eine Einspeisung dieser Kraftwerke im Falle einer Gefährdung der Netzstabilität zwangsweise durchsetzen zu können. Damit wird ein System verstärkt, das die Betreiber von Stromnetzen und Kraftwerken einer bürokratischen Regulierung hinsichtlich des Netzanschlusses, der Netzentgelte und nicht zuletzt auch des Betriebs und der Stilllegung von Energieerzeugungsanlagen unterwirft. Die Regulierung dient dem Ziel des § 1 Abs. 2 EnWG, einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb bei der Energieversorgung sowie einen langfristig angelegten und zuverlässigen Betrieb der Energieversorgungsnetze zu gewährleisten. Das fällt unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht leicht. Ob mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes allerdings Grundrechte der Kraftwerksbetreiber verletzt werden, ist zweifelhaft.

Netzbetreiber müssen den Strom aus erneuerbaren Energien und aus Grubengas unverzüglich und vorrangig abnehmen, übertragen und verteilen. Allerdings können sie bei Netzengpässen aufgrund zu hoher Stromeinspeisungen die Einspeisungen von konventionellen Anlagen und auch von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien reduzieren. Der Vorrang der erneuerbaren Energie gefährdet den vom Gesetzgeber angestrebten fairen Wettbewerb und eine ausreichende Bereitstellung der Grundlast durch konventionelle Kraftwerke.

Energieversorgungsunternehmen klagen wegen des Ausbaus der regenerativen Energien über hohe Verluste beim Betrieb ihrer konventionellen Kraftwerke und wollen zahlreiche Kraftwerke stilllegen. Von etwa 90.000 MW konventioneller Stromkapazitäten in Deutschland sollen bis zu 20 % zur Disposition stehen. Das wachsende Stromangebot lässt den Börsenpreis so stark fallen, dass sich der Betrieb zahlreicher konventioneller Kraftwerke nicht mehr lohnt, weil die Erzeugerkosten über den Verkaufspreisenliegen. Auch Betreiber von AKW schließen eine vorzeitige Stilllegung einzelner AKW nicht mehr aus, weil auch diese Kraftwerke, für die zusätzlich noch Brennelemente-Steuer zu zahlen ist, nicht kostendeckend betrieben werden können.




Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: Heft 06 - 2013 (Dezember 2013)
Seiten: 9
Preis inkl. MwSt.: € 25,00
Autor: RA Prof. Dr. Martin Beckmann

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