Wasserwirtschaft 06/2013


Ausgangslage am neuen Wasserkraftwerk Rheinfelden
Dr. sc. techn. Armin Fust, Helmut Relf
1989 erhielt die Energiedienst AG neue Konzessionen für weitere 80 Jahre Kraftwerksbetrieb in Rheinfelden. Damit verbunden war die Auflage, ein neues Wasserkraftwerk mit höherer Stromproduktion zu errichten. Entstanden ist ein 100-MW-Laufwasserkraftwerk mit vier Rohrturbinen und einem Wehr mit sieben Öffnungen für 380 Mio. Euro. Besonderes Augenmerk galt dem Erhalt der natürlichen Flusslandschaft. Im April 2003 wurde mit dem Bau begonnen, im Dezember 2010 produzierten erstmals alle Maschinengruppen Strom.
Neubau des Stauwehrs in Rheinfelden
Helmut Relf
2003 begannen die Bauarbeiten in Rheinfelden; die erste von zwei Baugruben wurde mit einer Spundwand umschlossen. 2004 wurde mit dem Felsaushub begonnen. Es folgten die Rohbauarbeiten für drei Wehrfelder sowie für die Wehrinsel, in welcher die elektrische und leichttechnische Steuerung untergebracht ist. Die Wehrschützen wurden mit einem 65-t-Portalkran montiert. Die erste Baugrubenumschließung wurde im Anschluss rückgebaut und die zweite Baugrube erhielt eine Spundwand. Nach dem Rohbau für drei weitere Wehrfelder sowie der Montage der entsprechenden Wehrsegmente wurde der Stau 2007 auf das neue Wehr verlagert.
Rohbau des Maschinenhauses Rheinfelden
Alick Schwyzer
In einer dritten Baugrube wurde das Maschinenhaus mit vier doppelt regulierten Kaplan­maschinen errichtet. Ein Trennpfeiler zwischen Wehr und Maschinenhaus beherbergt zu­sätzlich eine Dotiermaschine, die die Stromschnellen unterhalb des Kraftwerks mit Wasser versorgt. Für die Baugruben und die Rheineintiefung musste eine gewaltige Menge Gestein ausgebaggert werden. Das Aushubmaterial wurde nicht zuletzt aus ökologischen Gründen in direkter Nähe zur Baustelle deponiert, ein Teil davon wurde vor Ort verarbeitet.
Turbinen, Generatoren und Stahlwasserbau des neuen Wasserkraftwerks Rheinfelden
Beat Karrer
Nur zwei Meter ragt das Maschinenhaus über den Wasserspiegel im Oberwasser, doch hier schlägt das Herz des neuen Kraftwerks. Seit Dezember 2010 produzieren alle vier Maschinen­gruppen rund 600 Mio. kWh Strom im Jahr. Damit versorgen sie etwa 170 000 Haushalte mit erneuerbarer Energie aus Wasserkraft. Das Einheben der Maschinenteile war Präzisionsarbeit. Die Teile wiesen teils beachtliche Abmessungen und bis zu 130 t Gewicht auf. Zwei Portal­kräne sorgten für die notwendige Flexibilität im Bauablauf.
Elektro- und Leittechnik des neuen Wasserkraftwerks Rheinfelden
Stefan Ficht
In den Konzessionen für die neue Kraftwerksanlage ist vorgegeben, dass die erzeugte Energie je zur Hälfte in das deutsche und Schweizer Netz abgegeben werden muss. Deshalb wurden Energieableitungen sowohl in die Schweiz als auch nach Deutschland erstellt. Die beiden Netze dürfen allerdings nicht miteinander verbunden werden. Da alle Prozesse mit Steuerungen und Regelungen ausgerüstet sind, kann das Kraftwerk vollautomatisch betrieben werden.
Nebenanlagen des neuen Wasserkraftwerks Rheinfelden
Beat Karrer
Die Anlagen für Heizung, Klima und Lüftung müssen vielfältige Einflüsse verarbeiten können, um für die E-Technik und Mitarbeiter geeignete Umgebungsbedingungen zu schaffen. Die Grenzlage des Kraftwerks erforderte auch beim Brandschutz besondere Maßnahmen, da die Gesetze beider Länder beachtet werden mussten. Für die Umsetzung von Kleinbooten wurde eine spezielle Umsetzstelle errichtet.
Inbetriebsetzung und Betrieb des neuen Wasserkraftwerks Rheinfelden
Stefan Ficht
Die Maschinen laufen, das alte Kraftwerk ist abgestellt. Bereits die ersten Tests im Trockenen belegten, dass die Montage der neuen Maschinen einwandfrei erfolgt war. Der Höherstau im Oberwasser führte zu einer Anhebung des Unterwassers beim Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt und damit dort zu einem Erzeugungsverlust, der durch die Energiedienst AG entschädigt wird. Die 16-köpfige Betriebsmannschaft des Kraftwerks wurde zur Vorbereitung auf die neuen Aufgaben bereits bei der Herstellung und Montage der neuen Komponenten eingesetzt.
Rückbau der Altanlage Kraftwerk Rheinfelden
Gerhard Blessing
Beim Rückbau des alten Kraftwerks wurde eine Maschine erhalten und aufbereitet. Sie ist inzwischen das Herzstück eines Ausstellungspavillons. Für den Rückbau der Altanlage mussten der Kanal und die Turbinenkammern abgefischt und entleert werden. Ein provi­sorischer Damm ermöglichte den Rückbau des alten Kraftwerks im Trockenen. Sämtliche Gebäude wurden entkernt und der Grobrechen entfernt. Das Portierhaus sowie eine Energieableitungsbrücke wurden abgerissen, die Fußgängerbrücke über den Rhein und schließlich das Maschinenhaus rückgebaut.
Ökologische Maßnahmen im Umfeld des neuen Wasserkraftwerks Rheinfelden
Jochen Ulrich
Im Rahmen einer zweistufigen Umweltverträglichkeitsprüfung wurden zahlreiche Ausgleichsmaßnahmen festgelegt. Die Hälfte der charakteristischen Stromschnellen im Rhein sollte erhalten bleiben. Gefordert wurde überdies ein naturnahes Fischaufstiegs­ und Laichgewässer am deutschen Ufer sowie eine Fischaufstiegsanlage auf der Schweizer Seite. Ein provisorischer Raugerinne-­Beckenfischpass wurde als fester Bestandteil in die Anlage integriert. Am Rheinufer sowie am Schloss Beuggen wurden zahlreiche Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung umgesetzt.
Naturnahes Fließgewässer am neuen Kraftwerk Rheinfelden
Dr.-Ing. Rolf-Jürgen Gebler, Dipl.-Ing. Paul Lehmann
Die herausragende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme zum Neubau des Kraftwerkes Rheinfelden ist das naturnahe Fließgewässer im Bereich des Oberwasserkanals des alten Kraftwerks. Dieses Fließgewässer weist mit einer Länge von über 1 030 m, einer Breite von 50 m und einem Abfluss von 10 bis 35 m3/s die Größe und den Charakter eines Flusses auf. Vorrangiges Ziel ist hierbei die Verbesserung des Lebensraumangebotes für strömungsliebende Fischarten, insbesondere für die bedrohten Kieslaicher. Des Weiteren dient dieses Gewässer der Vernetzung der Rheinabschnitte unterhalb und oberhalb des Wehres.
Zwischenergebnis der Fischzählung am neuen Wasserkraftwerk Rheinfelden
Jochen Ulrich
Seit April 2012 findet am neuen Kraftwerk Rheinfelden eine Fischzählung am wehrseitigen Fischaufstiegs- und Laichgewässer sowie am kraftwerksseitigen Vertical-Slot-Fischpass statt. Nun liegt die Auswertung der Zählergebnisse der ersten sieben Monate vor. Die Zahlen sind beeindruckend und übertreffen in weiten Teilen die Erwartungen. Insgesamt wurden rund 40 000 Fische aus 33 Arten registriert.
Bauperipherie beim neuen Wasserkraftwerk Rheinfelden
Frank Pelzer
Der Höherstau im Oberwasser des neuen Kraftwerks führte zu einem Anstieg des Grund­wasserspiegels. Im historischen Schloss Beuggen sowie in den Unternehmen Evonik Rhein­felden und Aluminium Rheinfelden mussten daher Kellerräume gesichert werden. In der Schlossanlage wurden die gefährdeten Keller mit einem Horizontalabdichtungsschleier im Mauerwerk sowie einer äußeren und inneren Abdichtung mit einer teilweisen Auffüllung geschützt. Bei den Industriegebäuden kamen verschiedene Maßnahmen zum Einsatz.
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