Die trockenen Jahre 2018 und 2019 sowie die Trockenheit in der laufenden Vegetationsperiode 2020 stellen Wasser- und Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Durch den Klimawandel werden der Wasserbedarf für die landwirtschaftliche Bewässerung steigen und die bewässerten Flächen vergrößert werden. Zur Sicherung des guten mengenmäßigen Zustands des Grundwassers sind großräumige Konzepte erforderlich, um die natürlichen Niederschläge länger in der Landschaft zu halten, in verstärktem Maße das Wasser zu speichern und alternative Wasserressourcen zu erschließen.
Der Mensch verbraucht täglich 5 l sauberes Wasser zum Trinken und Kochen, 45 l für die Körperpflege, 30 l zum Waschen, Geschirrspülen und Putzen sowie 34 l für die Toilettenspülung. Hinzu kommen 11 l als Anteil des Kleingewerbes und sonstiges. Daraus ergeben sich insgesamt rund 125 l pro Einwohner und Tag [1]. Dieser Wert ist seit Beginn der 1990er-Jahre um 25 l kontinuierlich gesunken. Die Produktion eines Computers benötigt insgesamt 20.000 l, aber über die Nutzungsdauer von etwa 5 Jahren verbleiben 11 l pro Tag. So ergibt sich durch Kleidung und die vielen Güter, die wir nutzen, ein weiterer täglicher Bedarf an Wasser, der nicht direkt wahrgenommen wird und deshalb als „virtuelles" Wasser bezeichnet wird. Dieses Wasser wurde jedoch bei der Produktion ganz real gebraucht. Insgesamt benötigt ein Mensch in Deutschland pro Tag 4.230 l Wasser [2], der allergrößte Teil davon steckt in unserer Nahrung (Bild 1). Für die in Deutschland produzierte Nahrung wird dieses Wasser überwiegend durch die natürlichen Niederschläge gedeckt. Vom potenziellen Wasserdargebot werden in Deutschland etwa 19 % genutzt, 12 % für die Wärmekraftwerke, 4,1 % für Bergbau und verarbeitendes Gewerbe, 2,8 % für die öffentliche Wasserversorgung und nur 0,1 % für die Landwirtschaft. Regional gibt es jedoch Unterschiede [1].
Die Eingriffe des Menschen in den Wasserhaushalt der letzten Jahrhunderte, insbesondere durch die Änderung der Flächennutzung und den Ausbau der Gewässer, haben insgesamt zu einer Beschleunigung des Abflussgeschehens von den einzelnen Flächen, über die kleinen Gräben bis schließlich in die großen Flüsse geführt. Diese Beschleunigung hat einerseits eine Verschärfung von Hochwassergefahren, insbesondere bei den Unterliegern, verursacht. Andererseits hat dies zu einer Reduzierung der Grundwasserneubildung geführt, da die Flächen und die Aufnahmefähigkeit verringert und die Zeit, in der Niederschläge in den Boden infiltrieren können, verkürzt wurde. Wie bereits dargelegt, werden in Deutschland nur 19 % der natürlichen erneuerbaren Wasserressourcen genutzt, und so erscheint es unproblematisch, wenn dieser Anteil steigt. Aber es gibt regional große Unterschiede und die Abflüsse, die wir in Trockenzeiten in den Gewässern sehen, resultieren aus dem überlaufenden Grundwasserspeicher. Je mehr entnommen wird, desto weniger kann überlaufen, und auch tiefe Grundwasserspeicher müssen letztlich von der Oberfläche her aufgefüllt werden.
Verschärft wird die Situation in verschiedener Hinsicht durch den Klimawandel. Steigende Temperaturen, erhöhen überproportional die Verdunstung und reduzieren dadurch die Grundwasserneubildung. Veränderungen der Jahresniederschlagsmengen sind für Norddeutschland in den verschiedenen Prognosen gering, allerdings ergeben sich deutliche Verschiebungen vom Sommer- zum Winterhalbjahr, wodurch während der Vegetationsperiode weniger Niederschläge zur Verfügung stehen. Außerdem zeigt sich, dass es bei den Niederschlägen häufiger zu Extremereignissen mit hohen Intensitäten kommt. Dies hat zur Folge, dass – im Vergleich zu einem länger anhaltenden Landregen – ein größerer Teil oberflächlich/oberflächennah abfließt und damit ein geringerer Teil in den Boden infiltrieren kann und zur Grundwasserneubildung beiträgt.
Copyright: | © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH | |
Quelle: | Wasser und Abfall 09 (September 2020) | |
Seiten: | 6 | |
Preis inkl. MwSt.: | € 10,90 | |
Autor: | Prof. Klaus Röttcher | |
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