Geteilte Verantwortung, gemeinsames Ziel

Elektrische Geräte stellen heute einen stark ansteigenden Anteil am Abfallaufkommen dar. Ihre Nutzungsdauer ist deutlich kürzer als die anderer langlebiger Konsumgüter in privaten Haushalten und sie enthalten eine Vielzahl umwelt- oder gesundheitsschädigender Stoffe. Obwohl sie nur einen geringen Anteil am Gesamtaufkommen des Siedlungsabfalls ausmachen, tragen sie nicht unwesentlich zu seiner Kontamination mit Schadstoffen bei. Dies war nicht zuletzt für die Europäische Union Anlaß, die Gestaltung dieser Produkte und ihre Entsorgung 2003 in zwei Richtlinien für alle Mitgliedstaaten zu regeln.

Die Debatte um die Umsetzung in Deutschland konzentriert sich nun anders als vielleicht erwartet weniger auf das Produktdesign elektrischer Geräte für private und gewerbliche Nutzung, und auch weniger auf Fragen der eingesetzten Stoffe oder der Reparaturfreundlichkeit von Computern oder Staubsaugern. Im Zentrum der Diskussion steht vielmehr die von der Bundesregierung vorgeschlagene Verteilung der Produktverantwortung für Elektro- und Elektronikgeräte zwischen Herstellern und Nutzern. Als ein zentrales Argument gegen diese Konzeption führen insbesondere die Kommunen die zusätzliche Belastung in ihren Steuer- und Gebührenhaushalten an.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung weist die Sammlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten den kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben zu. Damit ist sie über die Abfallgebühren zu finanzieren; eine Finanzierung aus dem allgemeinen Haushalt der Kommunen steht nicht zur Debatte. In Bayern betragen die Kosten für die Erfassung heute zwischen 0,20 und 1,10 Euro pro Einwohner und Jahr. Eine Studie des Landes Rheinland-Pfalz geht bei der Umsetzung des Gesetzentwurfs künftig von Kosten in Höhe von 0,67 bis 2,27 Euro pro Einwohner und Jahr aus. Eine unverhältnismäßige Belastung der Gebührenhaushalte oder auch der einzelnen Haushalte bei jährlichen Abfallgebühren in Höhe von bundesweit 150 bis 230 Euro ist aus meiner Sicht damit nicht verbunden. Die Durchführung der Sammlung durch die kommunalen Entsorgungsträger hat aber den unschätzbaren Vorteil, daß die in Deutschland etablierte Erfassung von Elektroaltgeräten genutzt werden kann. Kommunen haben aufgrund des Schadstoffpotentials dieser Geräte seit vielen Jahren die getrennte Erfassung und Verwertung von Elektrogeräten erfolgreich organisiert. Auf Basis der Konzeption der Bundesregierung können die Kommunen dies auch zukünftig fortsetzen, einschließlich der Beauftragung sozialer Betriebe mit diesen Aufgaben.
Als weiteres Argument wird gegen die Verteilung der Produktverantwortung auf Hersteller und Nutzer angeführt, daß bei der Verteilung der Entsorgungskosten auf die Beteiligten eine soziale Schieflage entstehen würde: Zukünftig müsse die Großmutter die Sammelkosten für den ausrangierten Computer ihres Enkels über die allgemeine Abfallgebühr finanzieren, anstatt daß dieser sie über den Produktpreis beim Einkauf bezahlt. Auch heute wird die Entsorgung einzelner getrennt erfaßter Abfallfraktionen über die allgemeine Abfallgebühr finanziert, je nachdem wie die Kommune ihre Gebührenstruktur im Rahmen ihres Abfallwirtschaftskonzepts gestaltet. Bioabfälle und Zeitungen fallen in den verschiedenen Haushalten in unterschiedlichem Umfang als Abfall an und ihre Entsorgung wird nicht generell über getrennte Gebühren finanziert. Haushaltsgroßgeräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen und Herde machen 72 Prozent des erwarteten Abfallaufkommens bei Elektroaltgeräten aus, Unterhaltungselektronik wie Fernseher und Radios 10 Prozent, IT- und Telekommunikationsgeräte 12 Prozent. Geräte der ersten beiden Kategorien werden heute in fast allen Haushalten in Deutschland genutzt, Computer bereits in 61 Prozent aller Haushalte. Damit spielen die Konsummuster fast aller Bürger bei der Entwicklung dieser Abfallfraktion eine wesentliche Rolle. Ist damit die Finanzierung einer kostenlosen kommunalen Annahme für Elektroschrott für alle Bürger einer Kommune über die allgemeine Abfallgebühr wirklich sozial unausgewogen?
Meines Erachtens sollten die Kommunen ihre Erfahrungen nutzen, um auch bei der Gestaltung der Erfassung und Entsorgung von Elektroaltgeräten nachhaltige Konsummuster zu fördern. Die Qualität kommunaler Dienstleistungen sollte auch zukünftig für die Aufgaben der bürgernahen Abfallentsorgung erhalten bleiben.
Henriette Berg ist Abteilungsleiterin Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz, Altlasten beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)



Copyright: © Rhombos Verlag
Quelle: 03/2004 - Elektro-Altgeräte (Oktober 2004)
Seiten: 1
Preis inkl. MwSt.: € 0,00
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