Auswirkungen des EuGH-Urteils vom 12.5.2011 zum Verbandsklagerecht für Umweltverbände

Am 12.5.2011 hat der EuGH entschieden,2 dass die in § 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) geregelte Beschränkung des Klagerechts der Umweltverbände auf die Geltendmachung solcher Vorschriften, die Rechte Einzelner begründen, mit den unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 10a UVP-RL3 nicht vereinbar ist. Gerichte haben auf Klagen anerkannter Umweltverbände auch zu prüfen, ob ein Vorhaben, auf das die Richtlinie Anwendung findet, gegen unionsrechtliche Umweltvorschriften oder solche nationale Umweltvorschriften verstößt, die unionsrechtliche Vorgaben umsetzen.

 Dass ein Umweltverband im Rahmen einer Verbandsklage die Verletzung von Umweltvorschriften rügen kann, ist aus Sicht derjenigen, die mit Planfeststellungsverfahren befasst sind, nichts Neues. Für planfeststellungsbedürftige Vorhaben sah das BNatSchG ein Verbandsklagerecht wegen Verletzung von Vorschriften des Natur- und Landschaftsschutzrechts schon seit langem vor.4 Für immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren, die den wesentlichen Anwendungsbereich des UmwRG darstellen, bedeutet das Rügerecht der Umweltverbände hingegen sehr wohl eine Neuerung. Denn obwohl sich das Immissionsschutzrecht bisweilen mit kaum weniger umweltrelevanten Vorhaben als das Planfeststellungsrecht befasst, wird es von dem – der Baugenehmigung ähnlichen – Grundmodell einer gebundenen Entscheidung beherrscht: Wenn die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen (§ 6 Abs. 1 BImSchG). Eine Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange findet nicht statt. Darauf, ob es ein Bedürfnis für das Vorhaben an sich bzw. mit der geplanten Kapazität gibt, oder ob nicht ein anderer Standort besser geeignet wäre, kommt es im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht an. Der klagewillige Nachbar konnte sich bislang nur auf die Verletzung drittschützender Normen berufen. Naturschutz-, insbesondere Habitat- und Artenschutzrecht, aber auch Wasserrecht, Raumordnungsrecht5 und vieles mehr begründen regelmäßig keine Rechte Dritter im Sinne der Schutznormtheorie.



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: Heft 06 - 2011 (November 2011)
Seiten: 8
Preis inkl. MwSt.: € 25,00
Autor: Dr. Annette Kleinschnittger

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